Stockholm

Eine dichtgedrängte Versammlung von 24.000 Inseln belagert das Zentrum Stockholms. Die Altstadt selbst ruht auf ihrem eigenen Inselchen und bildet die Grenze zwischen Ostsee und dem Malären See. Aufgrund seiner wasserreichen Lage, mit direkter Verbindung zu Meer und Innland, entwickelte sich Stockholm schon vor 700 Jahren zu einer bedeutenden Hafen- und Handelstadt. Zu dieser Zeit baute Birger Jarl die erste Festung, um die Einwohner vor Piratenangriffen zu schützen. Die älteste Ansicht der Stadt (Foto ganz oben) zeigt eine Sonnenfinsternis und die Architektur der Altstadt im April 1535. Von 1611 bis 1721 dominierte Schweden das nördliche Europa und eroberte Teile Dänemarks, Finnlands, Norwegens und Norddeutschlands. Stockholm wurde Mitglied des Hansebundes und Hauptstadt der blühenden schwedischen Monarchie. Heute leben ca.1.6 Millionen Menschen in dieser auf vielen Inseln angesiedelten Stadt. 

Strandvägen

Die Existenz dieses unvergleichlichen Archipels und der endlosen Wasserflächen innerhalb der Stadt überraschte und verzauberte uns. Promenaden mit stattlichen Bürgerhäusern bieten stets den Blick auf des saubere Wasser, tanzende Dampfschiffe und Segeljachten sowie auf andere, teilweise bewaldete Inseln. Die moderne Stadt wuchs in Ringen um die Altstadtinsel Gamla Stan, welche erhalten und vorbildlich restauriert wurde. Gamla Stan's winzige Gassen erzählen die mittelalterliche Geschichte dieser Stadt, bezeugen die Einflüsse deutscher Ansiedler und italienischer Baukunst, und entführen den Besucher zu urigen Restaurants, winzigen Handwerksgeschäften und versteckten Kutschenwendeplätzen.

Vor dem Königlichen Palast beobachtet man die zeremonielle Wachablösung. Nur wenige Schritte entfernt befindet sich die Nobelakademie, wo sich eine Gruppe sehr belesener Menschen jedes Jahr um den würdigsten Empfänger des Literaturpreises streiten. Ein Spaziergang über eine der anmutigen Eisenbrücken führt zu den Söder Höhen. Fjällgatan gilt als die schönste Strasse Stockholms, nicht nur wegen der reizenden, 400-jährigen Holzhäuserreihen, welche auf eine hohe Klippe gebaut wurden, sondern auch wegen des herrlichen Panoramas auf die gesamte Innenstadt.

Die Insel Djurgarden wird von Stockholms Nationalem Stadtpark eingenommen. Diese einzigartige Anlage beinhaltet mehrere Museen, u.a. das Skansen und das Vasa Museum. Skansen wurde 1891 als erstes Freilichtmuseum der Welt eröffnet. Über 150 Gebäude, darunter Kirchen, Katen, ganze Bauernhöfe, Gutshäuser und Werkstätten, wurden aus ganz Schweden zu diesem Standort gebracht und originalgetreu wieder aufgebaut. Diese Denkmäler sollten einer zunehmend industrialisierten Jugend die Geschichte ihres Landes näherbringen. In den meist aus Holz gebauten Häusern findet man authentische Einrichtungen sowie historische Handwerksbetriebe. Das Vasa Museum dient als Behausung und zur Erhaltung eines riesigen Militärschiffes, welches 1628 aufgrund seines Designs im Hafen der Stadt versank. Das grösste Schiff seiner Zeit protzte zwar mit zwei Kanonendecks und riesigen Holzskulpturen an den Aussenwänden, wurde aber zu schmal gebaut und mit unzureichend Ballast versehen. Nach seiner Entdeckung wurde die Vasa in einer vier Jahre dauernden Aktion langsam gehoben und am 24. April 1961 trocken gelegt und überdacht. Seitdem wurde das Schiff mit hohem Aufwand restauriert und besteht noch heute zu 95% aus originalen Materialien. 

Blick auf Fjällgatan Strasse

Ozeancruiser, Segelboote, originale Dampfschiffe und Wassertaxis bieten unzählige Möglichkeiten, die Stadt und nahe Inselwelt zu erkunden. Nach unserem Besuch des Nationalmuseums entschlossen wir uns ganz spontan, an Bord eines betagten Dampfschiffes eine abendliche Hafenrundfahrt mitzuerleben. Die fast vierstündige Reise weit in den Malären See wurde mit einem erstklassigen Abendessen verbunden. Feinster Fisch und schwedische Klopse wurden dann bei frischer Luft an Deck verdaut, wo wir in Filzdecken gewickelt die stattlichen Villen entlang der Ufer bewunderten. Im Unterdeck wurde dann zu gutem live Jazz getanzt und mit einheimischem Schnaps angestossen. Auch wenn wir bereits mächtig aufgeheizt waren, einen Blick in den originalen Dampfmaschinenraum liessen wir uns nicht entgehen. Hier wurde sogar noch Kohle geschaufelt!

Zwei weitere Bootsfahrten brachten uns zur Insel Finnhamn, am Rande des Archipels, und zum Drottningholm Palast am Ufer des Malären Sees. Die grösseren Inseln nahe der Stadt werden meist von kleinen Dörfern bevölkert. Dort halten die Fährboote, laden hübsche Restaurants und Geschäfte zum Aussteigen ein. Kleinere Inseln dienen als private, bewaldete Grundstücke für prunkvolle Villenbauten. Dort legt man natürlich mit der persönlichen Luxusjacht an. Wir wurden von der weitaus preiswerteren Fähre durch die fantastische Inselwelt geschippert und gingen in Finnhamn von Bord. Die fast sechs Stunden Aufenthalt nutzten wir zur Erforschung der gesamten Insel. Die friedlichen Geräusche von Wind, Wasser und Vögeln begleiteten unsere Wanderung über die runden, glatten Felsen entlang der Ufer, durch bemooste Wälder und zu romantischen Buchten. Nur eine wacklige Herberge und ein Restaurant nahe der Anlegestelle verrieten den Einzug der Zivilisation.

In Drottningholm (unten links) wird man dafür von Prunk und Massentourismus empfangen. Wir besichtigten die reichlich dekorierten Empfangsräume des königlichen Palastes sowie das älteste, noch funktionierende Theater der Welt. Dieses kleine Hoftheater von 1781 enthält noch heute sämtliche originale Bühnen"technik," den unveränderten Zuschauersaal und die primitiven Geräuschmaschinen. Für die Theater- und Balletvorstellungen im Sommer wurden ausserdem Kopien der ersten, nun eingelagerten Bühnenbilder hergestellt. Ein Spaziergang durch die gepflegten Parkanlagen führt zum Chinesischen Palais, wo kostbare Sammlungen asiatischer Kunst besichtigt werden können. Im rechten Flügel des Palastes lebt heute die schwedische Königsfamilie.

Als Sitz des einst mächtigen und noch immer verehrten Königshauses bietet die Stadt Stockholm und ihre nähere Umgebung eine reiche Auswahl an Burgen und Schlössern. Als Museen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, kann man dort die reichen Sammlungen von Schätzen und Kunstwerken bewundern. Im Schloss Grippsholm erzählen 4000 Portraits von Schwedens interessanter Geschichte und einflussreichsten Persönlichkeiten. Andere Kunstschätze befinden sich in den zahlreichen erstklassigen Museen im Stadtzenrum. Im berühmten, runden Goldraum des Historischen Museums findet man einige der reichsten Goldfunde der Welt. Andere Räume erzählen von den Legenden, Lebensweisen und künstlerischen Ideen der Vikinger.

Natürlich waren wir ebenfalls auf der Suche nach den heutigen Lebensbedingungen in Schweden. Die verträumten Dörfer inmitten weiter Landschaft bewahren die traditionelle, einfache Holzhausarchitektur und andere überlieferte Handwerke. Stockholms Innenstadt prahlt mit feinen Jugendstilbauten, glitzernden Geschäften und gourmet Restaurants. Das Leben in Schweden ist insgesamt sehr teuer, selbst für Dollarumtauscher. Die Preise für Speisen und Hotelzimmer scheinen oft völlig ungerechtfertigt. Dafür verwöhnt Stockholm mit ihren charmanten Menschen, perfektem Englisch und einer unerwartet eindrucksvollen Auswahl an historischen und kulturellen Schätzen. Und während wir vom Boot die Sicht auf tausende Inseln genossen, verblüffte uns die Ähnlichkeit der Häuser und Küstengebiete in Neuengland mit den Dörfern und Landschaften in Schweden. Der Ruf nach Hause - oder besser gesagt, zu unserem nächsten Reiseziel!?