Australien – Erster Teil

Wer exotische Länder bereist, braucht nicht viel, um glücklich zu sein: einen wunderschönen Kontinent mit einzigartigen Landschaften, Gewächsen und Tierarten, jede Menge saubere Campingplätze, ein geräumiges Zelt und einen guten Umtauschkurs. Das Luxusleben in Neuseeland und auf Heron Island hatte unser Konto beträchtlich geleert, und wir waren gezwungen, unsere Ausgaben zu kürzen. Selbst Weltreisende können nicht ewig Urlaub machen! Die Bewohner Australiens sind jederzeit bereit, über sämtliche Sehenswürdigkeiten in der jeweiligen Gegend Auskunft zu geben.

Der erste Tip führte uns über ungepflasterte Strassen zu den Fischerdörfern 1770, wo James Cook zum ersten Mal an Land ging, und Agnes Waters. Im Busch neben der Strasse entdeckten wir eine Gruppe prächtiger Känguruhs, die "Männer" in freundlichem Boxkampf verwickelt. Die zwei Dörfer zeigten weithaus weniger Charme: ein paar einsame Häuser, verstreute Boote am Strand, das Hotel-geschäft-restaurant und, ertaunlicherweise, zwei Campingplätze. In Hervey Bay, dem nächsten Strand- und Zeltstandort, entdeckten wir die unglückliche Wahl eines normalen Leihwagens. Ein robustes Fahrzeug mit Allradantrieb erleichtert nicht nur die Fahrten auf weitverbreiteten, ungepflasterten Landstrassen, es ist ausserdem Pflicht in den meisten Nationalparks. Frasier Island, mit der Autofähre von Hervey Bay zu erreichen, kann nur mit Allradantrieb befahren werden. Die zusätzlichen Kosten für ein weiteres Auto wollten wir vermeiden.

Verspätet und unentschlossen verbrachten wir den Nachmittag im Nature World Zoo mit Australiens interessanten Tieren und Vögeln. Die Tierfotos auf dieser und der Titelseite entstanden während unserer Streicheleinheiten mit Känguruhs, Wallabies und Koalas. Wir entschieden uns schliesslich für einen Tagesausflug nach Frasier Island. Obwohl die einzelnen Haltestellen keine Zeit zum Verweilen erlaubten (nicht gerade unser Reisestil), hatten wir doch die Möglichkeit, in einem hochgelegenen See zu schwimmen, im Bus die "Sandautobahn" auf dem flachen Strand entlangzufahren, unter den hohen, sehr seltenen Hardhölzern des Regenwaldes zu wandern und die Dingos (ein Wildhund Australiens) zu beobachten. Frasier Island ist die grösste Sandinsel der Welt, mit fünf Süsswasserseen, fast 100 km Strandautobahn und weitere hunderte Kilometer sandiger Strassen im Inselinneren.

Ein netter Computerverkäufer in Maryborough schlug einen Abstecher nach Tin Can Bay vor. Er erzählte uns von Delphinen, die jeden Morgen in den Hafen schwimmen und sich füttern lassen. Diese Begegnung konnten wir uns nicht entgehen lassen. Der Great Sandy National Park, eine Festlandverlängerung von Frasier Island, lag ausserdem nahe dieses hübschen, ruhigen Ortes. Nach dem Mittag wanderten wir also entlang der sandigen Pfade zu einem weiteren, im dichten Regenwald versteckten "Hochsee". Die teebraune Farbe des Wassers stammt von pflanzlichen Pigmenten, welches das Regenwasser aus dem Boden wäscht. Am Ufer entdeckten wir zwei prächtige Iguanas an einem Baumstamm. Nach langer Besichtigung und vielen Fotos sprangen wir nackt und bloss in die warmen Gewässer.

Gegen acht in der Früh fanden wir uns im Hafen ein ... und tatsächlich, zwei Indo-Pacific Humpback Delphine, eine fast ausgerottete Art, schwammen im flachen Wasser neben der Bootrampe und genossen ein reichliches Frühstück. Auch wir kauften ein Eimerchen Fische und legten diese in den "Schnabel" des fünzig Jahre alten Weibchens und ihres zweijährigen Sohnes. Ein weiteres unvergessliches Tiererlebnis! Wir kehrten noch einmal zum Grossen Sand Nationalpark zurück und wanderten zu einer riesigen Düne. Der Megasandkasten, über 400 m lang und ca.100 m breit, erstreckte sich bis zur Kante des Steilufers und hatte sämtliche Vegetation unter sich begraben. Der Abstieg bereitete uns wenig Schwierigkeiten, doch bergauf stampften und schnauften wir durch den heissen, weissen Sand. Der Blick von der hohen Steilwand auf den menschenleeren Strand und die braun-rot-orangen Sandwände belohnte jeglichen Aufwand. Leider gibt es davon kein digitales Foto.

Auf der Suche nach Abwechslung fuhren wir nun ca. 50 km ins Landesinnere zur Great Dividing Range, einer Bergkette, welche die Küstengebiete vom Buschland trennt. Die geringe Bevölkerungszahl, eine der Tugenden dieses Kontinents, sorgt für erstaunliche Weiten und Breiten unberührter Natur. Je weiter wir uns von der Küste und den grossen Städten entfernten, desto verlassener zeigte sich die Landschaft. Auf den winzigen Strassen und einspurigen Brücken begegneten wir selten einem anderen Fahrzeug. Die Luft ist sauber, die Ruhe ungewohnt. Die Mittelgebirgsketten, hier meist mit gewaltigen Eucalyptus-, Farn- und Gummibäumen bewachsen, leuchteten im frischen Frühlingsgrün. Die kleinen, reizenden Dörfer erinnern an die Zeiten der ersten europäschen Siedler. Im späten Sonnenlicht erreichten wir die Glass House Mountains, kegelförmige, grüne Vulkanberge. Ein betagter Maler neben der Strasse bestätigte uns die Seltenheit der klaren Sicht bis zur Küste.

Am nächsten Morgen erweiterten wir unseren Sichtwinkel nach einem steilen Aufstieg zu Mt. Ngungun. Weitaus erholsamer war der Spaziergang am Nachmittag durch den Botanischen Garten und die gemütliche Innenstadt von Brisbane. Doch die Grossstadt schien uns recht schnell auf die Nerven zu gehen. Nach einer Nacht im ältesten Hotel im Staate Queensland nahmen wir die Fähre zu North Stradbroke Island. Peter, unser Lieblingstauchmeister auf Heron Island, hatte uns von dem dortigen Mantarochenfelsen erzählt. Die beeindruckenden Mantas, mit ca. 5 m Spannweite auch "Raumschiffe des Meeres" genannt, kommen zu diesem Korallenfelsen für Mahlzeiten und Reinigungen. Nach unserer einmaligen Begegnung mit einem dieser sanften Rochen in den Gewässern um Heron wollten wir nun gern unter einer ganzen Herde tauchen.

Leider rollte der Pacific gewaltige Wellen über den Tauchspot und wir tauchten in weniger aufregende Gewässer ab. Doch wir gaben noch nicht auf, beschlossen ganz spontan in den Doppelstockbetten des Tauchunternehmens zu übernachten und auf besseres Wetter am Morgen zu warten. Am Nachmittag wanderten wir zur Spitze der Insel und enlang einer tiefen Schlucht in der Steilküste. Zwei Strömungen treffen an diesem Punkt aufeinander und türmen sich zu kraftvollen Wellenbergen auf. Diese graben den Küsteneinschnitt mit klatschen Geräuschen tiefer und weiter oder brechen an den einzelstehenden Sandsteinfelsen im Meer. Ein solcher Felsen, von unten ausgepült, kann ein schmales Loch enthalten, durch welches das Wasser mit lautem Pfeiffen als Fontane bläst ( Bild unten links). Die bis zu 10 m hohen Wellenberge (Bild rechts, leider wenig überzeugend) hielten uns lange gefangen, zum Glück nur vom Land aus. Die untergehende Sonne verlieh der Szene ein beruhigendes, goldenes Licht. Doch die Wellen liessen keine Ruhe. Am nächsten Morgen verhinderte die schlechte Sicht unter Wasser einen Tauchgang am Mantafelsen. Einer der vielen Gründe, Australien in der Zukunft bald wieder zu besuchen.  

 Australia Part Two